Das Foto als Kunstobjekt - page 1

wissenschaftliche Reihe
Das Foto als Kunstobjekt
über die Mechanismen einer Fotokunst
vonWin Labuda (2008)
Bilder an der Wand sind heute öfter als zuvor fotografischen Ursprungs.
Fotografische Bilder lassen sich in solche klassieren, die vornehmlich aus
sachlichem und solche, die aus künstlerischem Grund entstanden sind.
Die Ersteren bereichern uns durch ihren informativen Gehalt über
Sachen, Personen oder zu Erinnerungen. Die künstlerisch begründeten
Bilder wirken auf uns durch ihre Verknüpfung mit Gedanken, Empfin-
dungen und Seinszuständen, also durch den geistig-seelischen Wider-
hall, den sie in uns bewirken. Im vorliegenden Aufsatz beschäftigen wir
uns ausschließlich mit dieser letzteren Gruppe.
Bilder für die Wand zu machen ist etwas Anderes als für die Zeitung oder
für einen Buchverlag. Sie bestimmen in einem Raum mehr als alle
anderen Elemente, die ihm eigene Kultur. Die Bilder sollen ihre Energie
jahrelang in diese Umgebung hinein verströmen; oftmals sollen sie auch
Ikonen sein und gleichzeitig Zeugnis ablegen von der geistig-emotio-
nalen Qualität ihres Besitzers.
Gibt es eine Fotokunst?
Die Fotografie ist zur wesentlichen Grundlage des Bilderangebots
unserer Zeit geworden. Sie unterscheidet sich von Malerei und Zeich-
nung vor Allem durch ihren vermeintlichen Wahrheitsanspruch. Nur die
Fotografie kann natürliches Abbild sein weil nur sie im Moment, im
Bruchteil einer Sekunde nämlich, das gewünschte Abbild produziert. Sie
ist Momentbild und Gegenwartsbild zugleich. Aber das fotografische Bild
lässt sich „fälschen“. Mit den modernen Methoden der elektronischen
Bildbearbeitung lassen sich Fotografien in Bildwerke verwandeln, die
nicht mehr nur der Realität entsprechen sondern gleichermaßen der
Phantasie des Fotografen, obgleich sie die Wirklichkeit wiederzugeben
scheinen. Genau hier liegt eine der großen Chancen der Fotografie,
nämlich nicht lediglich Abbild zu sein. Insbesondere durch die Verbin-
dung von Kamera und Computer ist es dem Fotografen heute möglich,
eigene bildnerische Ideen zu entwickeln und zu verwirklichen.
Fotografie ist ein technisches Verfahren zur Speicherung von Abbil-
dungen der sichtbaren Welt mit Hilfe eines Apparates. Im Rahmen des
Speicherungsprozesses kommt es zu einem oder zwei Wandlungs-
schritten, welche für die Fotografie, wollte man sie denn als Kunstform
einordnen, von großer Bedeutung sind:
A - dieWandlung der drei-dimensionalenWahrnehmung in ein
zwei-dimensionales Abbild -und - möglicherweise:
B - dieWandlung des farbigen Bildes in ein Grauwertebild.
Durch diesen Unterschied eines fotografischen Bildes zum reinen Abbild
der Natur entsteht ein Maß an Artifizialität, welche eine der Grundlagen
jeder Kunst ist. So kann denn bereits das monochrom wiedergegebene
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